Ja, ich zahle noch für Zeitungen

Informationen gibt es im Internet heute kostenlos. Und tatsächlich ist mancher Blog heute besser als viele Zeitungen. Kein Wunder, wer sich intensiv mit einem Thema befasst, ist oft tiefer drin, als Journalisten, die kurz was recherchieren. Aber Blogs haben auch Nachteile, denn sie sind oft auf ein Thema fokussiert und die Meinungsvielfalt ist eher gering.

Die Medien sind nicht unschuldig an ihrer Krise, aber…

Zugegeben, die modernen Zeitungen sind nicht unschuldig an ihrer Krise. Das Meinungsspektrum ist dort ebenfalls nicht so groß, wie es sein sollte, wie zwei Umfragen zeigen. Nun sind diese Umfragen bereits mehrere Jahre alt, seitdem dürfte es sogar noch enger geworden sein. Unerträglich ist auch der Ton, der sich bei einigen Medien mittlerweile eingeschlichen hat und der früher nur von der BILD-Zeitung gepflegt wurde. Der Vergleich mit Goebbels oder Hitler ist längst Standard, wenn jemand nicht zum gleichen politischen Lager gehört und ganzen Bevölkerungsgruppen wird schon mal beschieden, sie sollten doch „die Klappe halten“.

Weil ich davon ausgehen, dass Ihr alle über 40 seid, brauche ich nicht viel davon zu reden, dass Zeitungen und Fernsehsender auch vor 30 Jahren eine klare politische Richtung hatten. Der BR, die FAZ und der Focus waren konservativ, Spiegel und Süddeutsche Zeitung tendenziell eher links und Frankfurter Rundschau, WDR und taz stramm links.

So warb die Süddeutsche Zeitung in den 1990er-Jahren für sich. Diesen Schreibblock bekam ich als Schülerzeitungsredakteur auf den Jugendmedientagen der SZ Anfang der 1990er-Jahre geschenkt.

Die Aufzählung zeigt aber schon, dass die Meinungsbreite größer war. Es gab sogar Formate wie „Frontal“, bei denen beide Seiten sich im Studio gegenübersaßen. Und zu guter Letzt war die deutliche Trennung von Meinung und Nachrichten noch das Maß aller Dinge. Eingehalten wurde das auch damals schon nicht immer, aber als Ziel war es präsent – und wurde deshalb auch stärker umgesetzt als heute, wo die Idee der neutralen Berichterstattung als verstaubt gilt.

Ausgerechnet das, was Journalisten immer leisten wollen, nämlich „Einordnung und Erklären“, brauche ich am wenigsten. Denn diese Einordnung ist immer sehr subjektiv. Mir reichen oft die reinen Nachrichten und Daten. Was hat der Bundestag beschlossen, wie hoch ist die Arbeitslosenquote und so weiter. Und natürlich interessiere ich mich für Lokalnachrichten, weshalb ich ein Plus-Abo der Lokalzeitung besitze.

Warum dann für Journalismus zahlen?

Das Problem ist nur, dass es keine bessere Alternative gibt. Blogs sind oft noch einseitiger und bieten, wie oben erwähnt, kaum aktuelle Nachrichten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird die Medienkrise überleben, er wächst sogar unter dem Niedergang der Zeitungen und sichert sich zunehmend deren Geschäft mit regionalen und lokalen Nachrichten. Doch dessen Meinungsbreite ist besonders gering.

Deshalb brauchen wir auch weiterhin private Zeitungen, auch wenn ich die natürlich nicht mehr gedruckt, sondern online lese. Weil das politisch grüne Spektrum von den öffentlich-rechtlichen Sendern bereits voll abgedeckt wird, bietet sich ein konservatives Medium an. Die gibt es in Deutschland aber kaum noch. Immerhin hat die Schweizer Neue Zürcher Zeitung ihre Deutschlandpräsenz ausgebaut, seit die FAZ die Süddeutsche kopieren will.

Die Welt, einst als reaktionär verschrien, hat sich ebenfalls nach links geöffnet, Autor Hannes Stein etwa schrieb „Ich bin ein Grüner“. Daneben gibt es dort aber auch konservative Stimmen, etwa Don Alphonso, auch wenn der meistens nervt und ich ihn nicht besonders gerne lese. Lieber mag ich überzeuge Liberale wie Anna Schneider. Als Sozialliberaler finde ich ihren Liberalismus zwar teilweise etwas zu extrem, aber ich lese sie gerne, denn sie fällt aus Konzept.

Auch die Zeitschrift Cicero steht dem grünen Mainstream der anderen Redaktionen oft kritisch gegenüber. Natürlich ärgere ich mich auch über Beiträge in diesen Blättern immer mal wieder, aber das gehört irgendwie auch dazu. Wir haben nur verlernt, andere Meinungen auszuhalten.

Meine geheime Schwäche

Wenn ich in einer Stadt mit einer regionalen Boulevardzeitung wie Hamburg (Hamburger Morgenpost), München (tz und Abendzeitung) oder Köln (Express) bin, kaufe ich mir oft sogar noch eine Zeitung auf Papier. Ich halte Boulevardzeitungen für unterhaltsam, denn aus ihnen kann man viel darüber erfahren, was Menschen wirklich bewegt.

Klar, man sollte sich nicht auf dieser Grundlage seine Meinung bilden. Gerade BILD polarisiert immer noch bewusst und gerne, etwa bei der Diskussion um die „Klima-Kleber“ (O-Ton BILD). Das ist nicht immer hilfreich, allerdings ist BILD teilweise milder geworden und wirbt schon mal für Toleranz mit einem Artikel über Unterfrankens schwule Faschingsprinzen. Und die übrigen Medien haben, wie bereits erwähnt, nachgeholt, wenn etwa Elon Musk im ZDF als moderner Goebbels dargestellt wird.

Allerdings würde ich eher eine klassische Zeitung abonnieren, entweder die Lokalzeitung, eine große nationale Zeitung wie die Welt oder beides. Aktuell gibt es Jahresabos bei vielen Zeitungen deutlich günstiger. Ich glaube, das ist es wert. Eine Zukunft, in der wir uns nur noch aus Blogs informieren oder es mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk lediglich noch eine einzige Mediengruppe gibt, ist fast genauso furchtbar wie eine, in der die Zeitungen am Tropf staatlicher Förderungen hängen und vom Wohlwollen derer abhängen, die sie eigentlich überwachen sollen.

P.S.: Verbilligte Angebote gibt es auch bei AfB, einem Online-Händler für gebrauchte und wieder instandgesetzte Elektronik, der zahlreiche Schwerbehinderte beschäftigt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert