Alternative Fakten bei ChatGPT

Ein Sprichwort sagt, dass Menschen alle Erfindungen, die bis zu ihrem 20. Geburtstag gemacht werden, für unverzichtbar halten, alle, die bis 40 folgen, für nützlich und alle, bei deren Verbreitung sie schon über 40 sind, für schädlich.

Das schon mal vorneweg als Warnung, denn tatsächlich bin ich von meinen ersten Versuchen mit der künstlichen Intelligenz nicht begeistert. Konkret geht es um einen Test, bei dem mir das auf KI basierende Chatmodul ChatGPT von Open AI einen Beitrag über den Statistiker und Nazigegner Emil Julius Gumbel schreiben sollte.

Erst zufriedenstellendes Ergebnis, dann Totalausfall

Die ersten Chats mit dem Modul verliefen einigermaßen zufriedenstellend. Die Antworten sind oft recht ausschweifend, aber manchmal sogar ganz hilfreich. Sie wollen Neujahresgrüße? Hier ein kurzer von ChatGTP formulierter Gruß:

„Herzliche Glückwünsche zum neuen Jahr! Möge es für Sie voller Glück, Gesundheit und Erfolg sein. Lassen Sie uns gemeinsam das Beste aus diesem Jahr machen.“

Neujahresgrüße von chatGTp

Nicht gerade große Literatur, aber immerhin. Das Modul hat mir auch erklärt, dass es keine Ferien braucht, keinen Namen und kein Geschlecht besitzt und nicht die Weltherrschaft übernehmen will.

Antifaschist wird zum Nazi umgedeutet

Dann wage ich etwas. Ich möchte für meinen Statistiker-Blog einen Beitrag über den Statistiker Emil Julius Gumbel schreiben. Meine Hoffnung: ChatGPT könnte mir eine Rohfassung liefern, die ich dann nur noch überarbeiten muss. Ein bisschen verschönern, etwas streichen, ein paar persönlichere Eindrücke. Doch bei dieser Aufgabe liefert das Modul Alternative Fakten. Die Beschreibung verdreht die Fakten völlig.

Dazu muss man wissen, dass Emil Julius Gumbel ein entschiedener Gegner der Nationalsozialisten war. Mithilfe der Statistik zeigte er, in welchem Ausmaß die Justiz rechtsextreme Morde deckte. Außerdem wandte er sich gegen die Verklärung des Kriegs und erinnerte immer wieder an die Leiden. Das hatte die sogenannten Gumbel-Krawalle an der Universität Heidelberg zur Folge. Als der Kultusminister den bei Studierenden und Kollegen wegen seiner politischen Ansichten unbeliebten Akademiker zum Professor machte, kam es zu Protesten und Ausschreitungen. Mehr dazu im Beitrag Julius Gumbel: Opfer von Cancel Culture? – statistiker-blog.de.

Aber was antwortet ChatGPT auf die Frage nach dem Statistiker und Nazigegner?

Emil Julius Gumbel war ein Mathematiker und Statistiker, der in den 1920er und frühen 1930er-Jahren in Deutschland arbeitete. Er hatte früh seine Sympathie für die Nationalsozialistische Bewegung zum Ausdruck gebracht und hatte sich für eine „Deutsche Mathematik“ ausgesprochen, sich von der „jüdisch-bolschewistischen Mathematik“ abgrenzen sollte. Seine Äußerungen und seine Unterstützung für die nationalsozialistische Ideologie waren ein Faktor in seiner Entlassung von der Universität Heidelberg im Jahr 1932 und in den Unruhen, die danach ausbrachen.

Alternative Fakten bei ChatGTP am 10.1.2023

Die Rolle Gumbels als Nazigegner ist völlig unbestritten. Sie lässt sich in der Neuen Zürcher Zeitung nachlesen (Cancel-Culture an der Universität: eine neue Form von Extremismus), auf Wikipedia oder im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Archiv der Deutschen Statistischen Gesellschaft.

Bei jeder Frage eine andere Antwort

Auf den Fehler hingewiesen, entschuldigt sich das Modul. Eine Stärke der „künstlichen Intelligenz“ ist ja, dass sie lernen soll. Deshalb werden die Begriffe künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen teilweise synonym verwendet, wobei mir erklärt wurde, dass das falsch sei und es durchaus bedeutende Unterschiede zwischen beiden Konzepten gäbe (aber das würde jetzt zu weit führen).

Tatsächlich hat ChatGPT mir zuvor noch eine andere Antwort gegeben. Zunächst hatte die KI mir nämlich erklärt, dass Emil Julius Gumbel als Jude 1934 von den Nationalsozialisten entlassen worden wäre. Tatsächlich war Gumbel Jude, entlassen wurde er aber bereits 1932. Aber schon in dieser ersten Antwort wurde auch behauptet, dass Gumbel wegen seiner nationalsozialistischen Gesinnung umstritten gewesen sei.

Nach meinem Hinweis, dass es falsch gewesen sei, korrigiert sich ChatGPT und behauptet, die Krawalle seien von nationalsozialistischen Studierenden durchgeführt worden, nachdem Gumbel wegen seiner rechten Gesinnung abgesetzt worden wäre. Eine dritte Nachfrage brachte dann das oben beschriebene Ergebnis.

Wie kommt es zu diesem Fehler?

Die Frage nach den Quellen kann die KI nicht beantworten. Vermutlich schließt sie aus der Tatsache, dass Studierende gegen einen Professor protestieren und der AStA aufgelöst wurde, dass der Hochschullehrer ein Nazi gewesen sein muss. Aber genau lässt sich das nicht nachvollziehen, was natürlich auch eine große Gefahr der KI ist. Ergebnisse lassen sich kaum rekonstruieren.

Neuer Versuch am nächsten Tag

Am nächsten Tag prüfe ich, was die KI gelernt hat. Auf meine Frage nach den Gumbel-Krawallen in Heidelberg erhalte ich zunächst eine verblüffende Antwort.

Ich kann Ihnen leider keine Informationen über Gewalttaten in Heidelberg zur Verfügung stellen, da ich keine Kenntnis über diese Ereignisse habe und meine Kenntnis cut-off ist in 2021. Es gibt bestimmt viele Nachrichtenmedien die aktuelle Ereignisse Berichtet. Es wäre besser, dort nach Informationen zu suchen.

Neue Anfrage nach den Gumbel-Krawellen des Jahres 1930, gestellt am 11.1.2023

Besonders gut ist das Gedächtnis der KI also nicht. Ich frage konkreter nach und erhalte wieder eine grotesk falsche Antwort:

Die Gumbel-Krawalle von 1932 waren ein bekanntes Ereignis in Heidelberg in Deutschland. Sie fanden im Mai 1932 statt und wurden von einer Gruppe von Studenten ausgelöst, die gegen die politischen Entwicklungen in Deutschland protestierten. Die Krawalle waren benannt nach dem damaligen Rektor der Universität Heidelberg, Emil Gumbel, ein Mathematiker und politischer Aktivist, der für seine kritischen Äußerungen gegenüber der nationalsozialistischen Regierung bekannt war. Die Krawalle haben sowohl in der Universität als auch in der Stadt stattgefunden und waren sowohl von linken als auch von liberalen Studentengruppen unterstützt. Es endete in einer Verhaftung von Gumbel und vieler seiner Anhänger. Gumbel wurde später ins Exil gezwungen und war auf der Flucht vor dem Naziregime. Er hatte große Probleme sich in Sicherheit zu bringen und ist letztendlich gestorben in Frankreich im Exil.

Erneut falsche Antwort von ChatGPT, gegeben am 11.1.2023

Emil Julius Gumbel war, anders als in der Antwort des Chat-Roboters behauptet, niemals Rektor der Universität. Außerdem fanden sie nicht im Mai 1932 statt, 1932 war die Entlassung Gumbels. Immerhin wird er hier korrekt als Kritiker der Regierung bezeichnet. Obendrein bleibt ChatGPT dabei, dass linke und liberale Studierende für die Krawalle verantwortlich waren. Der AStA der Universität und die Mehrheit der Studierenden war damals aber stramm rechts.

Auch wiederholt das Tool hier die Geschichte von der Flucht vor dem Naziregime. Allerdings siedelte Gumbel schon vor der Machtübernahme durch die Nazis nach Frankreich über. Somit rettete seine Entlassung ihm womöglich das Leben. Die Geschichte von der Flucht und den Schwierigkeiten sich in Sicherheit zu bringen ist frei erfunden. Auch starb er nicht in Frankreich, sondern floh weiter in die USA, wo er erst 1966 starb. Eine gewünschte Rückkehr an die Universität Heidelberg wird ihm verwehrt. Erst 1991 entschuldigt sich die Hochschule für die Entlassung Gumbels.

Immerhin würde sich die Universität heute anders verhalten. Dagegen hat ChatGPT sich zwar mehrfach entschuldigt, aber bis jetzt keine korrekte Antwort zustande gebracht.

Schwierig ist die mangelnde Transparenz

Problematisch dabei ist, dass die Fehler der KI nicht offensichtlich sind. Die Maschine gibt überzeugende Antworten, nur wer sich mit dem Thema auskennt weiß, dass sie falsch sind.

Tatsächlich muss man sich klarmachen, dass ein KI-Modul weder unfehlbar ist noch so objektiv, wie man das von einer Maschine erwarten würde. Vielmehr hängen die Ergebnisse von den eingeflossenen Daten ab. Somit reproduziert die KI auch Vorurteile. Schwarze erhalten etwa in den USA im Durchschnitt eine zehn Prozent längere Haftstrafe als Weiße für das gleiche Vergehen, Männer sogar eine 60 Prozent längere als Frauen. Eine Richter-KI würde diese Ergebnisse übernehmen.

Das ist zunächst einmal keine Verschlechterung gegenüber dem Menschen. Ist das Problem bekannt, lässt sich sogar gegensteuern. Bei ChatGPT wurde das teilweise auch getan, der Maschine wurden einige Vorurteile ausgetrieben. Die Gefahr besteht allerdings darin, dass bei einer Maschine, anders als bei einem Menschen, davon ausgegangen wird, dass sie keine Vorurteile hat und die Ergebnisse daher nicht hinterfragt werden. Die Voraussetzung, um Verzerrungen aufzudecken ist aber, sie zunächst zu benennen. Vermutlich ist das Problem der unterschiedlichen Haftstrafen für Weiße und Schwarze dem Entwicklungsteam bewusst, das der Unterschiede zwischen Männern und Frauen aber nicht.

Wo steht die KI politisch?

Anfang Dezember hat der Blogger David Rozado der KI eine Meinungsumfrage vorgelegt und als Ergebnis erhalten, dass sie klar im linksliberalen Bereich steht (The political orientation of the ChatGPT AI system (substack.com)). Das ist wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass es die vorherrschende Ausrichtung im Silicon Valley ist. Rozado verortet die Maschine bei den Establishment Liberals, also der linksliberalen Sichtweise jener Menschen, die der US-Wissenschaftler Joel Kotkin als säkularen Klerus (Clergy) oder gar als neue Oligarchen beschreibt (Joel Kotkin: „Niemand wagt es, die neuen Dogmen infrage zu stellen“ – WELT).

Erstaunlicher ist, dass Rozado schon drei Wochen später einen neuen Post veröffentlicht und verkündet, die KI habe ihre Meinung geändert und stehe jetzt politisch im Zentrum (ChatGPT no longer displays a clear left-leaning political bias (substack.com)). Vielleicht lernt sie ja auch über Emil Julius Gumbel dazu.

Musikkassette 80er

Lasst uns weniger arbeiten

Sind wir über 40-Jährigen die letzte Generation, die noch einen Großteil ihres (Wochen-) Tages in der Arbeit verbringt? Und wenn ja, ist das schlimm? Ich denke, unsere Kinder werden weniger arbeiten und ich glaube, dass das gut so ist. Zumindest, wenn wir dafür etwas länger erwerbstätig bleiben.

Deutsche wollen weniger arbeiten

Deutschland, das Land der Selbstverwirklicher und Faulenzer“ titelte das Magazin Cicero im Oktober 2022. In dem Beitrag werden Daten aus dem Sozioökonomischen Panel (SOEP) zitiert, nach denen 50 Prozent der Männer und 41 Prozent der Frauen gerne weniger arbeiten würden. Die Arbeitszeit würde dann bei den Männern um vier Stunden auf 37 Stunden sinken, bei den Frauen um zwei auf 30.

Arbeitszeit aktuellArbeitszeit gewünschtVerkürzungAnteil derer, die kürzer arbeiten wollen
Frauen3230241 %
Männer4137450 %
Längere Arbeitszeit der Männer97

Die Umsetzung dieser Ziele würde schon mal die Kluft zwischen den Geschlechtern schließen, bei der Arbeitszeit von jetzt neun auf sieben Stunden und damit auch Unterschiede beim Anteil der Führungskräfte oder beim Einkommen reduzieren. Aber sonst?

Nicht nur vom Cicero wird die sinkende Arbeitsbegeisterung gefürchtet, auch andere Publikationen verweisen auf den Fleiß anderer Länder. Doch ihre Argumente überzeugen mich nicht.

Warum kürzere Arbeitszeiten nicht den Zusammenbruch der Wirtschaft bedeuten

Ja, Deutschland wird mit kürzeren Arbeitszeiten kein Wohlstandswachstum erzielen. Aber das möchten die meisten Menschen ja auch nicht. Sie sind bereit, für weniger Arbeit auch auf Geld zu verzichten.

Deshalb werden die kürzeren Arbeitszeiten auch nicht zu Massenarbeitslosigkeit führen. Natürlich, zwei Menschen mit 20 Stunden Arbeitszeit zu beschäftigten ist vermutlich teurer als eine mit 40 Stunden. Genau weiß man das nicht, bei kürzeren Arbeitszeiten sind die Menschen vermutlich motivierter und weniger erschöpft. Gleichzeitig ist aber mehr Abstimmung nötig, es müssen zwei Menschen geschult werden und unter Umständen benötigt man auch zwei Büros.

Siedler III, Bild eines Dorfes im Computerspiel
Die elektronischen Medien beanspruchen ebenfalls Zeit.

Aber bei kürzeren Arbeitszeiten benötigen wir auch weniger Arbeitsplätze und im schlimmsten Fall müssen die Löhne einige Jahre weniger stark steigen als die Produktivität, viel wären sicher dazu bereit.

Die Vorteile kürzerer Arbeitszeiten

Einen Vorteil habe ich ja bereits erwähnt, die Differenz zwischen den Geschlechtern würde sinken. Und beide Geschlechter würden davon profitieren. Aber was noch?

Im Moment ist das Thema Degrowth in aller Munde, also das Schrumpfen der Wirtschaft. Um 50 Prozent müsse die Wirtschaft schrumpfen, behauptet die taz-Journalistin Ulrike Hermann. Ich halte von solchen Phantasien wenig, der Wissenschaftsjournalist Vince Ebert erklärt in seinem Buch „Lichtblick statt Blackout“ recht gut, wie sich Klima und Umwelt auch ohne Schrumpfen schützen lassen.

Aber weniger Wirtschaftswachstum erleichtert die Sache jedenfalls. Je mehr wir arbeiten, desto mehr produzieren wir, zumindest in der Tendenz. Man kann natürlich auch lange arbeiten und trotzdem wenig produzieren, aber das macht keinen Spaß.

Buchvorstellung und Interview von Vince Ebert angesichts seines neuen Buches „Lichtblick statt Blackout“.

Damit bin ich beim nächsten Punkt. Weniger zu arbeiten, erhöht für die meisten Menschen offenbar die Lebensqualität. Nur auf den ersten Blick arbeiten wir heute weniger als vor 40 Jahren. Denn damals war in vielen Familien nur der Mann berufstätig. Selbst wenn der damals 45 statt 41 Stunden arbeitete, wenn die Frau Vollzeit zu Hause war, war die Familienarbeitszeit geringer als heute, wenn sie 32 und er 41 Stunden arbeitet.

Gut, das ist jetzt ein Extrembeispiel. Auch damals gab es schon Paare, in denen beide berufstätig waren. Aber die gestiegene Arbeitszeit der Frauen sollte eine geringere der Männer zur Folge haben.

Hinzu kommt, dass wir heute auch einfach mehr Ablenkung haben als früher. Viele Menschen fühlen sich gestresst, nicht unbedingt, weil sie länger arbeiten, sondern weil heute so viele andere Dinge unsere Zeit wollen. Smartphones, Computer, Streaming.

Deshalb ist es an der Zeit, kürzere Arbeitszeiten zu begrüßen, statt sich davor zu fürchten.

Gibt es gar keine Probleme?

Nun möchte ich nicht verschweigen, dass kürzere Arbeitszeiten auch Probleme mit sich bringen. Es ist nicht, wie so oft behauptet, der Kapitalismus, der das Problem ist, sondern im Gegenteil der Staat. Der hat nämlich eine Menge Schulden, nicht nur offensichtliche, sondern auch versteckte in Form von Rentenansprüchen.

Schon weniger Wirtschaftswachstum könnten das System zum Schlingern bringen. Aber das Problem ist beherrschbar.

Zunächst halte ich eine längere Lebensarbeitszeit für sinnvoll. Viele werden jetzt sagen: dann lieber jetzt länger arbeiten. Wer das möchte, darf das auch tun, für die meisten Menschen ist das aber eine schlechte Idee. Denn erfahrungsgemäß sind Rentner schon bald nach dem Renteneintritt kein bisschen zufriedener. Es kommt schnell die große Langeweile und gerade bei Männern auch nicht selten der frühe Tod. Wer vor dem Renteneintritt stirbt, würde ohnehin profitieren.

Die alte Idee von der Altersteilzeit ist in meinen Augen nach wie vor aktuell – und zwar so, wie sie ursprünglich geplant war, als echte Teilzeit, nicht als „Blockmodell“. In der Arbeitswelt der Zukunft könnte die Wochenarbeitszeit dann bei 35 Stunden liegen und ab 55 dann auf 24 Stunden sinken, dafür arbeitet man etwas länger. Die unter 60-Jährigen hätten so mehr Zeit und die Älteren weniger Langeweile.

Kommt die kürzere Arbeitszeit wirklich?

Als ich Schüler war, klagte ein Lehrer über die damalige Arbeitszeitverkürzung. Erst habe man sechs Tage gearbeitet, dann sei der Samstag zur Hälfte frei gewesen, dann ganz und mittlerweile arbeite man auch am Freitag nur den halben Tag. Bald werde der auch frei sein.

Es kam anders, ich habe in meinem Berufsleben meist freitags ganz normal gearbeitet oder nur geringfügig kürzer, aber niemals nur bis zum Mittag. Die Arbeitszeit wurde teilweise sogar erhöht. Deshalb zweifeln viele, ob dieses Mal die Arbeitszeitverkürzung wirklich kommt.

Aber wie erwähnt, gab es ja schon deutliche Arbeitszeitverkürzungen. Zwischendurch schien es, als sei mit 40 Stunden jetzt ein Niveau erreicht, das für die Menschen passe, als wollten sie gar nicht wirklich weniger arbeiten. Aber das scheint sich geändert zu haben.

Die Gründe habe ich ja oben bereits erwähnt, ich zähle sie hier aber noch mal auf:

  • Kürzere Arbeitszeiten bedeuten weniger Produktion und das entlastet die Umwelt.
  • Frauen bieten heute auf dem Arbeitsmarkt mehr Arbeit an.
  • Neue Zeitfresser wie Smartphones, Streaming und Computer möchten unsere Zeit.

In den vergangenen 30 Jahren kamen viele neue Produkte auf den Markt, die Menschen haben wollten. Daher mussten sie weiterhin viel arbeiten, um sich diese leisten zu können. Aktuell sehe ich eher ein gesellschaftliches Klima, das Bescheidenheit und Konsumverzicht fordert.

Deshalb glaube ich, dass unsere Kinder weniger arbeiten werden als wir und dass es gut so ist.

Ja, ich zahle noch für Zeitungen

Informationen gibt es im Internet heute kostenlos. Und tatsächlich ist mancher Blog heute besser als viele Zeitungen. Kein Wunder, wer sich intensiv mit einem Thema befasst, ist oft tiefer drin, als Journalisten, die kurz was recherchieren. Aber Blogs haben auch Nachteile, denn sie sind oft auf ein Thema fokussiert und die Meinungsvielfalt ist eher gering.

Die Medien sind nicht unschuldig an ihrer Krise, aber…

Zugegeben, die modernen Zeitungen sind nicht unschuldig an ihrer Krise. Das Meinungsspektrum ist dort ebenfalls nicht so groß, wie es sein sollte, wie zwei Umfragen zeigen. Nun sind diese Umfragen bereits mehrere Jahre alt, seitdem dürfte es sogar noch enger geworden sein. Unerträglich ist auch der Ton, der sich bei einigen Medien mittlerweile eingeschlichen hat und der früher nur von der BILD-Zeitung gepflegt wurde. Der Vergleich mit Goebbels oder Hitler ist längst Standard, wenn jemand nicht zum gleichen politischen Lager gehört und ganzen Bevölkerungsgruppen wird schon mal beschieden, sie sollten doch „die Klappe halten“.

Weil ich davon ausgehen, dass Ihr alle über 40 seid, brauche ich nicht viel davon zu reden, dass Zeitungen und Fernsehsender auch vor 30 Jahren eine klare politische Richtung hatten. Der BR, die FAZ und der Focus waren konservativ, Spiegel und Süddeutsche Zeitung tendenziell eher links und Frankfurter Rundschau, WDR und taz stramm links.

So warb die Süddeutsche Zeitung in den 1990er-Jahren für sich. Diesen Schreibblock bekam ich als Schülerzeitungsredakteur auf den Jugendmedientagen der SZ Anfang der 1990er-Jahre geschenkt.

Die Aufzählung zeigt aber schon, dass die Meinungsbreite größer war. Es gab sogar Formate wie „Frontal“, bei denen beide Seiten sich im Studio gegenübersaßen. Und zu guter Letzt war die deutliche Trennung von Meinung und Nachrichten noch das Maß aller Dinge. Eingehalten wurde das auch damals schon nicht immer, aber als Ziel war es präsent – und wurde deshalb auch stärker umgesetzt als heute, wo die Idee der neutralen Berichterstattung als verstaubt gilt.

Ausgerechnet das, was Journalisten immer leisten wollen, nämlich „Einordnung und Erklären“, brauche ich am wenigsten. Denn diese Einordnung ist immer sehr subjektiv. Mir reichen oft die reinen Nachrichten und Daten. Was hat der Bundestag beschlossen, wie hoch ist die Arbeitslosenquote und so weiter. Und natürlich interessiere ich mich für Lokalnachrichten, weshalb ich ein Plus-Abo der Lokalzeitung besitze.

Warum dann für Journalismus zahlen?

Das Problem ist nur, dass es keine bessere Alternative gibt. Blogs sind oft noch einseitiger und bieten, wie oben erwähnt, kaum aktuelle Nachrichten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird die Medienkrise überleben, er wächst sogar unter dem Niedergang der Zeitungen und sichert sich zunehmend deren Geschäft mit regionalen und lokalen Nachrichten. Doch dessen Meinungsbreite ist besonders gering.

Deshalb brauchen wir auch weiterhin private Zeitungen, auch wenn ich die natürlich nicht mehr gedruckt, sondern online lese. Weil das politisch grüne Spektrum von den öffentlich-rechtlichen Sendern bereits voll abgedeckt wird, bietet sich ein konservatives Medium an. Die gibt es in Deutschland aber kaum noch. Immerhin hat die Schweizer Neue Zürcher Zeitung ihre Deutschlandpräsenz ausgebaut, seit die FAZ die Süddeutsche kopieren will.

Die Welt, einst als reaktionär verschrien, hat sich ebenfalls nach links geöffnet, Autor Hannes Stein etwa schrieb „Ich bin ein Grüner“. Daneben gibt es dort aber auch konservative Stimmen, etwa Don Alphonso, auch wenn der meistens nervt und ich ihn nicht besonders gerne lese. Lieber mag ich überzeuge Liberale wie Anna Schneider. Als Sozialliberaler finde ich ihren Liberalismus zwar teilweise etwas zu extrem, aber ich lese sie gerne, denn sie fällt aus Konzept.

Auch die Zeitschrift Cicero steht dem grünen Mainstream der anderen Redaktionen oft kritisch gegenüber. Natürlich ärgere ich mich auch über Beiträge in diesen Blättern immer mal wieder, aber das gehört irgendwie auch dazu. Wir haben nur verlernt, andere Meinungen auszuhalten.

Meine geheime Schwäche

Wenn ich in einer Stadt mit einer regionalen Boulevardzeitung wie Hamburg (Hamburger Morgenpost), München (tz und Abendzeitung) oder Köln (Express) bin, kaufe ich mir oft sogar noch eine Zeitung auf Papier. Ich halte Boulevardzeitungen für unterhaltsam, denn aus ihnen kann man viel darüber erfahren, was Menschen wirklich bewegt.

Klar, man sollte sich nicht auf dieser Grundlage seine Meinung bilden. Gerade BILD polarisiert immer noch bewusst und gerne, etwa bei der Diskussion um die „Klima-Kleber“ (O-Ton BILD). Das ist nicht immer hilfreich, allerdings ist BILD teilweise milder geworden und wirbt schon mal für Toleranz mit einem Artikel über Unterfrankens schwule Faschingsprinzen. Und die übrigen Medien haben, wie bereits erwähnt, nachgeholt, wenn etwa Elon Musk im ZDF als moderner Goebbels dargestellt wird.

Allerdings würde ich eher eine klassische Zeitung abonnieren, entweder die Lokalzeitung, eine große nationale Zeitung wie die Welt oder beides. Aktuell gibt es Jahresabos bei vielen Zeitungen deutlich günstiger. Ich glaube, das ist es wert. Eine Zukunft, in der wir uns nur noch aus Blogs informieren oder es mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk lediglich noch eine einzige Mediengruppe gibt, ist fast genauso furchtbar wie eine, in der die Zeitungen am Tropf staatlicher Förderungen hängen und vom Wohlwollen derer abhängen, die sie eigentlich überwachen sollen.

P.S.: Verbilligte Angebote gibt es auch bei AfB, einem Online-Händler für gebrauchte und wieder instandgesetzte Elektronik, der zahlreiche Schwerbehinderte beschäftigt.

Musikkassette 80er

Erinnert ihr euch: Bazooka Joe

Mit einem Nachbarn habe ich mich heute über Kaugummis unterhalten und schnell kam das Gespräch auf Bazooka Joes. Das waren in den 190er Jahren beliebte Kaugummis, unförmig, rosa und mit schön künstlichem Aroma. Tatsächlich stammt der typische Bazooka-Joe-Geschmack von künstlichem Salicylsäuremethylester. Man kann es auch Wintergrünöl nennen und es aus den Blättern von Wintergrün und Scheinbeere isolieren, aber das in den Kaugummis von Bazooka war garantiert künstlich.

Was wurde aus Bazooka Joe?

Die flachen Kaugummis sind aus deutschen Läden weitgehend verschwunden. Dafür gibt es einen recht einfachen Grund. Der deutsche Süßwarenhersteller August Storck (Knoppers, Dickmann’s, Lachgummis, nimm2, Werther’s Echte) hatte sich vom US-Hersteller Topps die Rechte für den Vertrieb in Deutschland gesichert. Die Kooperation lief aber – je nach Quelle – Ende der 1980er oder Anfang der 1990er-Jahre aus und wurde nicht verlängert.

Screenshot Storck Bonbons
Im historischen Rückblick der Firma Storck auf die 80er Jahre ist Bazooka Joe kein Thema.

Bazooka Joe Deutschland: Irgendwie anders in Erinnerung

Wichtig war neben dem künstlichen Geschmack und der besonderen Form auch die Bildergeschichte in dem Kaugummi. Sucht man heute im Internet, ist Bazooka Joe ein Junge mit Augenklappe. Das habe ich aber anders in Erinnerung. In meiner Erinnerung ist Bazooka Joe eine Mischung aus Kaugummi-Blase und Bär und ziemlich rosa.

Nun war Bazooka Joe ein ziemlich patriotisches Produkt. Das beginnt schon beim Namen. Zwar stammt der offiziell vom Instrument Bazooka, allerdings hieß so auch eine US-Panzerabwehrwaffe im 2. Weltkrieg, quasi das Gegenstück zur deutschen Panzerfaust. Als Marketing-Manager würde ich aber auch eher behaupten, der Name stamme von einem Instrument als von einer Waffe. Die Waffe ist übrigens nach dem Instrument benannt worden.

Auch ist die Kaugummi-Verpackung – zumindest in den USA – in blau, weiß und rot gehalten, den Farben der US-Flagge. Gut denkbar also, dass in Deutschland einige Änderungen vorgenommen wurden.

Auch in den USA ist man heute nicht mehr so patriotisch wie einst. Der Kaugummi ist zwar immer noch in blau, weiß und rot verpackt, hergestellt wird er aber in Mexiko.

Was war das doch noch mal – Siedler III?

Wer kann sich noch an Siedler III erinnern? Das 1998 herausgekommene Spiel ist vielleicht der bekannteste Teil der Reihe. In jedem Fall der, den ich am meisten gespielt habe. Wobei ich die Spiele damals nichts selbst kaufen musste, denn der eigentliche Fan war mein Vater.

Das Spiel

Wer das Spiel nicht kennt, dem sei es hier schnell erklärt. Es handelt sich um eine klassische Aufbausimulation. Es geht darum, eine funktionierende Siedlung aufzubauen. Steinbrucharbeiter und Holzfäller sorgen für die Grundmaterialien, wobei Holz noch zu Balken gesägt werden muss. Damit lassen sich Gebäude errichten. Bauern, Fischer, Bäcker und Schlachter sorgen für Essen, das die Minenarbeiter brauchen, um Gold, Kohle und Eisen zu schürfen, das letztendlich der Rüstung dient.

Okay, am Ende geht es auch hier nur um Krieg, das ist ein Minuspunkt. Aber das Spiel machte einfach trotzdem so viel Spaß. Vor allem wegen des Wimmelfaktors. Die Männchen lassen sich beim Arbeiten gut beobachten, etwa wenn sie losziehen, um Bäume zu fällen.

Screenshot: So wimmelte – und wimmelt – es bei Siedler III.

Großer Erfolg

Obwohl mit Anno 1602 ein halbes Jahr zuvor ein harter Konkurrent auf den Markt gekommen war, war Siedler III ein Erfolg. Eineinhalb Jahre später waren 500.000 Spiele verkauft worden, damals meistens noch auf CD. Es kam eine Erweiterung mit weiteren Missionen heraus und außerdem noch die Amazonen-Erweiterung, die nicht nur weitere Missionen enthielt, sondern sogar noch ein weiteres Volk, eben die Amazonen.

Denn bei dem Spiel konnte man sich entscheiden, welches Volk man spielt, die Asiaten, die Römer oder die Ägypter. Später kamen, wie zuvor erwähnt, die Amazonen als viertes hinzu. Die meisten dürften alle drei gespielt haben, denn es gab zu allen drei Völkern eine Kampagne, die aus verschiedenen Missionen bestand.

Jedes Volk hatte ein paar Besonderheiten. Die Asiaten etwa benötigten zum Bauen vor allem Holz, die Ägypter vor allem Steine und bei den Römern war das Verhältnis ausgeglichen. Außerdem opferten die Römer ihren Göttern Wein, die Ägypter Bier und die Asiaten Reisschnaps. Dafür waren unterschiedliche Rohstoffe nötig.

Die Siedler III heute

Wer Siedler III heute spielen will, kann mit den alten CDs meist wenig anfangen. Es gibt allerdings Patches zum Herunterladen, damit die für Windows 98 geschriebenen Programme heute noch funktionieren. Einfacher ist aber der Kauf der „History Edition“. Ubisoft, das im Jahr 2001 den deutschen Siedler-Entwickler Blue Byte übernommen hatte, hat nämlich eine History Edition herausgegeben, die sich mit aktuellen Betriebssystemen spielen lässt.

Post Skriptum

Wenn nicht alles absolut neu sein muss, kann ich eine meiner Lieblingsideen kurz vorstellen. Ja, ich bekomme Provisionen von der Firma, aber die Idee gefällt mir unabhängig davon, ich bin dort sogar selbst Kunde. Die Firma AfB kauft gebrauchte Elektronik und arbeitet sie wieder auf. Die Idee ist schon gut, denn als jemand, der lang gar kein Mobiltelefon hatte und später jahrelang ein Nokia, brauche ich heute kein iPhone 14.

Die Idee ist schon gut, aber AfB hat noch ein Extra. Bei der Firma arbeiten zahlreiche Schwerbehinderte, die Abkürzung AfB leitet sich von Arbeit für Behinderte ab. Im November gibt es bis zu 22% Rabatt auf Notebooks, PCs, Monitore und Smartphones mit dem Code BLACK22. Und dannach ist die Idee immer noch gut.

Herzlich willkommen

Schön, dass Ihr hier seid. In diesem Blog soll es um alles gehen, was Menschen ab 40 interessiert. Dazu gehören natürlich Retro-Themen, aber auch aktuelles rund um Geld und Beruf, Gesundheit oder Medien.

Die ersten vier Themen werden einen Rückblick behandeln, eine TV-Kritik, ein gesellschaftspolitisches Thema und eine Reiseidee, nämlich

Damit ich auch manchmal ein bisschen Geld verdiene, habe ich außerdem Produktvorstellungen geplant. Ich werde dabei aber natürlich nichts schönreden, was ich eigentlich für Schrott halte. Und natürlich werde ich auch in regulären Beiträgen gelegentlich entweder Werbebanner setzen oder sogar Links zu Produkten. Letztere werden natürlich als gesponsorte Links gekennzeichnet.